Der Unterschied zwischen Vorzugs- und Betriebstemperatur
Eine artgerechte Körpertemperatur ist von zentraler Bedeutung für die Gesundheit unserer Reptilien.
Warum ist das so wichtig – und warum sind Vorzugstemperatur und Betriebstemperatur nicht das Gleiche?
Hier erklären wir es.
- Aktivitätstemperatur definiert den Temperaturbereich, in dem Reptilien ihre normalen Aktivitäten zeigen, z.B. Nahrungsaufnahme, Ausscheidung, Fortpflanzung usw. Die Aktivitätstemperatur umfasst also einen relativ großen Bereich.
- Vorzugstemperatur ist die Körpertemperatur, bei der alle Stoffwechselvorgänge so ablaufen, dass sie den jeweiligen Anforderungen entsprechen. Die Vorzugstemperatur ist starken Schwankungen unterworfen. So werden z.B. tagsüber andere Temperaturen bevorzugt als nachts.
- Betriebstemperatur wird meist gleichgesetzt mit Vorzugstemperatur. Genau genommen ist sie jedoch nur der Bereich innerhalb der Vorzugstemperatur, in dem alle normalen Stoffwechselvorgänge optimal ablaufen.
- Um ihre Betriebstemperatur in angemessener Zeit zu erreichen, benötigen die meisten sonnenbadenden Arten - vor allem Wüstenbewohner und viele Schildkröten -Sonnenplatz-Temperaturen, die deutich über ihrer eigentlichen Betriebstemperatur liegen!
Vorzugstemperatur
Die individuelle Vorzugstemperatur ist abhängig von Art und Herkunft eines Tieres und variiert während des Tages- und Jahresverlaufes. Außerdem spielen individuelle Gegebenheiten, Geschlecht, Alter und Körpermasse eine Rolle.
Bestimmte Situationen, wie z.B. Gravidität oder Infektion, können die Vorzugstemperatur nach oben verschieben.
In diesem Fall erhöht das Gehirn den Wärmesollwert, die Tiere verspüren ein Bedürfnis nach höheren Temperaturen und suchen wärmere Bereiche als gewöhnlich auf. So sind infektiöse Erkrankungen u.a. daran erkennbar, dass betroffene Tiere außergewöhnlich lange in Nähe einer Wärmequelle liegen.
Aus diesem Grund bietet man Reptilien im Terrarium einen möglichst breiten Temperaturbereich, damit sie zu jedem Zeitpunkt ihre jeweils benötigte Vorzugstemperatur erreichen können.
Die erforderliche Spanne zwischen Höchst- und Tiefsttemperatur ist bei Wüstenbewohnern und sonnenbadenden Arten in der Regel wesentlich höher als bei Regenwaldbewohnern und nachtaktiven Arten.
Betriebstemperatur
Innerhalb der Vorzugstemperatur gibt es einen Bereich, in dem die normalen Stoffwechselvorgänge optimal ablaufen – dieser Bereich wird mit dem Begriff „Betriebstemperatur“ umschrieben.
Alle sonnenbadenden Reptilien benötigen zum Erreichen ihrer „Betriebstemperatur“ ein ausreichendes Maß an direkter Wärme von oben. Dies kann im Terrarium mit Hilfe von Wärmelampen realisiert werden.
Die hierzu erforderliche Temperatur am Sonnenplatz sollte in der Regel deutlich über der „Betriebstemperatur“ der jeweiligen Art liegen. Andernfalls ist die ausreichende Erwärmung innerhalb eines angemessenen Zeitraumes nicht möglich.
Um z.B. Testudo hermanni auf 35 °C „Betriebstemperatur“ zu erwärmen, sind lokale Höchsttemperaturen von bis zu 45 °C erforderlich.
Lokale Höchsttemperaturen für weitere Arten: mediterrane Eidechsen 35–45 °C, amerikanische Schmuck-Wasserschildkröten 40–45°, viele Wüstenbewohner 45°–50 °C und darüber.
Nicht sonnenbadende Reptilien und Wald- bzw. Regenwaldbewohner bevorzugen eine indirektere und homogenere Wärmeverteilung, vorwiegend über Boden und Luft. Hierzu eignen sich neben Heizlampen auch Heizmatten, Heizkabel und Heizsteine.
Die zum Erreichen der „Betriebstemperatur“ erforderliche lokale Höchsttemperatur liegt in der Regel deutlich niedriger als bei sonnenbadenden Reptilien.
Für eine Reihe von Arten ist weder ein spezifischer Aufwärmplatz noch eine zusätzliche Beheizung erforderlich.
Können Reptilien ihre Betriebstemperatur nicht erreichen, sind sie gezwungen, auf Sparmodus umzuschalten. Viele Körperfunktionen verlieren dann einen Teil ihrer Leistungsfähigkeit, z.B. Stoffwechsel und Immunsystem.
Hält dieser Zustand längere Zeit an, steigt die Krankheitsgefahr. Ein suboptimal ablaufender Stoffwechsel kann dann in eine Stoffwechselstörung übergehen, ein geschwächtes Immunsystem wird anfällig für Infektionen.
Woran erkennt man, dass die Betriebstemperatur nicht erreicht wird?
- Bewegungsunlust
- Tier liegt lange unter der Wärmelampe oder in Nähe der Heizquelle
- Geringer oder fehlender Appetit
- Rückzugsverhalten
- Infektanfälligkeit, insbesondere für Erkältungskrankheiten
- Verdauungsstörungen
- Stoffwechselerkrankungen (z.B. Rachitis)
- Chronische Infekte, insbesondere Atemwegsinfekte
- Schlecht heilende Wunden, Eiterungen, Abszesse
- Haut- bzw. Panzererkrankungen (oft Pilzbefall oder Fäulnisbakterien)