Abszess
Bitte beachte, dass die nachfolgenden Informationen die Untersuchung oder Behandlung durch einen Tierarzt nicht ersetzen können!
Beschreibung
Ein Abszess ist eine abgekapselte Ansammlung von Eiter in einem neu gebildeten Gewebshohlraum. Verursacher ist in der Regel eine bakterielle Infektion. Besonders häufig sind Echsen betroffen, z.B. aufgrund infizierter Kopf- oder Zehenverletzungen.
Symptome
- Harte oder weiche, oft druckschmerzempfindliche Schwellungen
- Häufige Lokalisation: Kopf, Unterkiefer, Maulhöhle, Arm- und Kniegelenk, Krallen. Bei Chamäleons sind außerdem häufig die Augen, bei Schlangen der subbrilläre Raum, bei Wasserschildkröten das Ohr betroffen.
Mögliche Begleitsymptome
- Eitrige Infektionen mit mehr oder minder starker Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens
- Nahrungsverweigerung bei Maulhöhlenabszess
- Bewegungseinschränkung bei Gelenkabszess
- Sichteinschränkung bei Augenabszess
Komplikation
- Sepsis („Blutvergiftung“), erkennbar an der Rötung der Körperunterseite
- Septische Ausbreitung in lebenswichtige Organe, z.B. in Gehirn (Meningitis, Enzephalitis) oder Lungen (Pneumonie)
- Septischer Schock
- Augenabszesse bei Chamäleons verlaufen sehr häufig tödlich.
Ursachen
- Bissverletzungen durch Artgenossen (aufgrund suboptimaler Vergesellschaftung)
- Verletzungen durch Fluchtreaktionen (aufgrund suboptimaler Vergesellschaftung)
- Verletzungen der Mundschleimhaut (durch Futter oder Futtertiere)
- Schürf-, Schnitt-, Stich- oder Sturzverletzungen (durch ungeeignete Einrichtungsgegenstände)
- Chirurgische Eingriffe, Injektionen, Sonden- oder Katheter-Behandlung (mit suboptimaler Wundversorgung)
- Bakterielle Wundinfektion (durch suboptimale Wundversorgung)
- Verschleppte, nicht ausgeheilte bakterielle Infektionen (durch suboptimale Therapie)
- Krankheitsbegünstigend wirken ein geschwächtes Immunsystem und niedrige Temperaturen, vor allem am Aufwärmplatz.
Therapie
- Bei Störung der Nahrungsaufnahme (Maulabszess), Behinderung der Fortbewegung (Gelenkabszess), Beeinträchtigung der Sicht (Augenabszess) oder Verschlechterung des Allgemeinbefindens (Sepsis) sollte der Abszess umgehend durch einen reptilienkundigen Tierarzt entfernt und die Wunde antibiotisch behandelt werden. Das gilt insbesondere für Abszesse im Kopfbereich, da hier die Gefahr großflächiger Gewebszerstörungen und septischer Komplikationen besteht (z.B. „geschwollene Augen“ bei Chamäleons).
Begleitende Maßnahmen
-
Erhöhung der Temperatur am Aufwärmplatz um 3–5 °C. durch Montage einer zusätzlichen Wärmelampe. Die Bestrahlungsdauer sollte der Sonnenscheindauer im Habitat (während der Hauptaktivitätsmonate) entsprechen. Bei Erkrankung der Körper-Unterseite ist außerdem eine lokale Bodenbeheizung bis auf maximal 40 °C erforderlich. Detaillierte Informationen unter: Fiebertherapie und Bodenwärme
Stärkung des Immunsystems
Vorsorge
- Sachgerechte Wundbehandlung
- Keimreduktion durch allgemeine Hygiene
- Optimierung der Temperaturen am Aufwärmplatz. Siehe: Haltungsempfehlungen
- Artgerechte Paar- und Gruppenhaltung, insbesondere während der Fortpflanzungszeit. Vermeidung von Bissverletzungen durch Trennung möglicher Rivalen. Sorge für ausreichend große, gut strukturierte Gehege.
- Entferne spitze, raue oder scharfkantige Gegenstände aus dem Terrarium.
- Verwende keine Nahrungsmittel, die zu Verletzungen der Maulhöhle führen könnten. Entferne spitze oder scharfkantige Teile des Bodensubstrates (z.B. spitze Steinchen oder Hölzchen).
Kommentar
Bissverletzungen oder Verletzungen der Mundhöhle können schnell einen septischen Verlauf nehmen. Ausgangspunkt ist in der Regel eine Wunde. Ohne aseptische Behandlung kommt es durch bakteriellen Befall zu einer Entzündung. Kennzeichen sind Rötung, Schwellung, Flüssigkeitsaustritt und meistens Eiterbildung. Ist der Organismus nicht in der Lage, die Infektion aufzuhalten, versucht er, sie durch Einkapselung zu begrenzen. Dazu umschließt er Erreger und eingeschmolzene Gewebeteile (Eiter) mit einer Bindegewebskapsel. Der so entstandene Abszess verbleibt i.d.R. dauerhaft im Körper und kann unter günstigen Bedingungen lebenslang als „stummer Abszess“ beschwerdefrei bleiben. Stumme Abszesse verursachen im Allgemeinen keine Beschwerden, sind aber mitunter druckschmerzempfindlich. So können z.B. Abszesse der Mundhöhle zu Nahrungsverweigerung, Abszesse der Kniegelenke zu Bewegungseinschränkungen führen. Außerdem stellen sie fortan als Erregerherd eine ständige Gefahr dar. Durch körperliche, mechanische oder stressbedingte Belastungen können Keime austreten und entweder zu Rückfallen führen oder über die Blutbahn andere Organe infizieren (Septikämie). Mögliche Folgen sind schwere eitrige Infektionen in Knochen, Gelenken, Leber, Lunge, Niere oder Gehirn. Bei extensiver Vermehrung im Blut droht ein lebensbedrohender septischer Schock. Der Übergang zur Sepsis ist meistens gekennzeichnet durch Rötungen der Körper-Unterseite, bei Schildkröten durch punktförmige oder flächige Rötungen des Bauchpanzers.