Amöben
Beschreibung
Durch schwere Krankheitsverläufe gekennzeichnete infektiöse Darmerkrankung, die vor allem bei Schlangen, seltener bei Echsen, für zahlreiche Todesfälle verantwortlich ist. Aufgrund der hohen Infektiosität sind epidemische Verläufe häufig. Nicht selten ist der gesamte Bestand betroffen. Bisweilen erkranken auch tropische Landschildkröten, vor allem bei geschwächtem Immunsystem. Europäische Landschildkröten erkranken zwar auch – typischerweise nach der Überwinterung–, sie zeigen dann aber in der Regel nur geringfügige Symptome und überstehen die Krankheit relativ gut. Überlebende Tiere können die Krankheit als Dauerausscheider lebenslang weiter übertragen.
Achtung!
Die nachfolgenden Informationen können und sollen nicht den Gang zum Tierarzt ersetzen.
Symptome
- Schwere Durchfälle mit breiigem bis wässrigem schleimig-blutigem, übelriechendem Kot, der mit Blut- und Geweberesten angereichert sein kann. Manchmal auch Verstopfung.
- Schlangen erbrechen Futtertiere 1–3 Tage nach Fütterung, liegen ausgestreckt auf dem Boden. Manchmal ist das hintere Körperdrittel geschwollen.
- Häufig stark beeinträchtigter Allgemeinzustand, Nahrungsverweigerung, erhöhtes Trinkbedürfnis, Abmagerung, Lethargie. Tod oft innerhalb von 1–2 Wochen.
Komplikationen
- Leber-, Nieren- und Darmabszesse durch Mischinfektionen mit Bakterien
- Sepsis mit Befall von ZNS, Herz und Lunge
- Treten Zeichen für einen Befall des Zentralen Nervensystems auf, z.B. Bewegungsstörungen, Zittern, Zuckungen, Krämpfe, ist die Prognose sehr ungünstig.
- Septischer Schock
- Dehydratation
- Nierenerkrankung, Nierenversagen
Ursachen
- Amöbeninfektion (meist Entamoeba invadens)
- Schildkröten sind potentielle Amöben-Überträger.
- Überbesetzte, kleine Gehege und mangelnde Hygiene begünstigen einen epidemischen Verlauf.
Therapie
- Schlangen und Echsen sollten unverzüglich durch einen reptilienkundigen Tierarzt behandelt werden.
- Behandlungsstrategie: Erregerbekämpfung mit einer Kombination von Metronidazol und Paromomycin, Nährstoff- und Flüssigkeitssubstitution, Bekämpfung opportunistischer Bakterien mit Antibiotika
- Erhöhung der Temperatur am Aufwärmplatz um 3–5 °C durch Montage einer zusätzlichen Wärmelampe. Die Bestrahlungsdauer sollte der Sonnenscheindauer im Habitat entsprechen. Besonders wichtig: lokale Bodenerwärmung bis auf maximal 40 °C. Hierzu eignen sich Heizmatten oder erwärmte Steine. Detaillierte Infos findest du unter: Bodenwärme und Fiebertherapie
Begleitende Maßnahmen
- Die teilweise erheblichen Flüssigkeitsverluste müssen durch Erhöhung der Flüssigkeitszufuhr ausgeglichen werden: orale Gaben isotonischer Flüssigkeit (z.B. Ringerlösung) per Einwegspritze (ohne Kanüle), Erhöhung der Luftfeuchtigkeit durch häufiges Versprühen von Wasser, regelmäßige Bäder in handwarmem Wasser, tägliche Versorgung mit frischem Wasser. Detaillierte Infos findest du unter: Elektrolytzufuhr und Flüssigkeitsversorgung
- Quarantäne: Während des gesamten Behandlungszeitraumes wird das Tier in einem minimal eingerichteten Quarantänebecken auf Küchenpapier gehalten. Benutze für das Quarantänebecken Einweghandschuhe und separate Gerätschaften, um Ansteckungen anderer Tiere zu vermeiden.
- Strenge Hygienemaßnahmen sind erforderlich. Achtung: Selbst freilaufende Futtertiere können die Infektion übertragen!
- Desinfektion des Terrariums und aller Einrichtungsgegenstände
Nachbehandlung
- Regeneration der Darmflora mit geeigneten Präparaten wie z.B. Bene-Bac
Vorsorge
- Schildkröten sollten als potentielle Amöben-Überträger grundsätzlich nicht mit Schlangen und Echsen vergesellschaftet werden
- Die Inkubationszeit einer Amöbenerkrankung beträgt ca. 3–6 Wochen. Halte deshalb alle neuerworbenen Tiere in mindestens sechswöchiger Quarantäne.
- Führe regelmäßig Kotuntersuchungen durch.
- Kot und andere Ausscheidungen sollte grundsätzlich zügig aus dem Terrarium entfernt werden.
- Halte deine Tiere nach Möglichkeit in großen Gehegen mit geringer Besatzdichte.
- Sorge für artgerechte Ernährung. Eine gesunde Darmflora reduziert Parasitenbelastungen.
- Stärke das Immunsystem durch artgerechte Haltungsbedingungen.
Kommentar
Amöben können für schwere und rasch fortschreitende Erkrankungen bei Echsen und Schlangen verantwortlich sein. Sie besiedeln die Darmschleimhaut und führen dort zu starken Entzündungen mit nekrotischen Belägen. Bei Verschleppung in die Leber können sich Leberabszesse bilden. Schildkröten erkranken in der Regel nur leicht, können aber als Dauerausscheider von Zysten die Krankheit übertragen. Schildkröten sollten aus diesem Grund niemals mit Echsen oder Schlangen vergesellschaftet werden. Die äußerst ansteckende Infektion kann nur durch strenge Hygiene und konsequente Desinfektionsmaßnahmen unter Kontrolle gehalten werden, andernfalls ist der gesamte Bestand bedroht. Leider sind die Dauerzysten äußerst widerstandsfähig und häufig resistent gegen Desinfektionsmittel. Das Temperaturoptimum der Amöben liegt bei nur 27–29 °C. Deshalb sollte die Temperatur am Aufwärmplatz über diesen Bereich hinaus erhöht werden, am besten bis zum verträglichen Temperaturmaximum der jeweiligen Art. Nach erfolgter medikamentöser Behandlung muss auf jeden Fall eine Regulation der Darmflora erfolgen, z.B. mit Bene-Bac Bird.