Oxyuren (Pfriemenschwänze)
Beschreibung
Oxyuren kommen in der Terrarienhaltung häufig vor, insbesondere bei pflanzenfressenden Schildkröten und Echsen. Die 1–10 mm langen Würmer leben im unteren Darmtrakt und ernähren sich dort von bakteriellen Darmsymbionten. Sie sind wirtsspezifisch und durchlaufen einen direkten Entwicklungszyklus ohne Zwischenwirt. Die über den Kot ausgeschiedenen Eier führen somit zur ständigen Reinfektion. Auf diese Weise kann der Oxyuren-Befall kontinuierlich zunehmen. Die dickschaligen Eier sind äußerst widerstandsfähig gegen Umwelteinflüsse und schwer zu beseitigen. Insbesondere Jungtiere sind anfällig für starken Befall, erwachsene Tiere wesentlich seltener.
Symptome
- Bei Jungtieren: Kümmerwuchs, geringe Gewichtszunahme, Fressunlust.
- Weicher Kot, Durchfall, manchmal auch Verstopfung.
- Mitunter sind die kleinen Würmer im Kot erkennbar
Komplikationen bei Massenbefall
- Nahrungsverweigerung, Abmagerung.
- Mangelernährung, Vitaminmangelerscheinungen.
- Atembeschwerden aufgrund von Blähungen.
- Durch Massenbefall kann es zu einer Verstopfung des Darmes kommen. Mögliche Folgen sind Kloaken- und Hemipenes-Vorfall, Darmverschluss.
- Komplikationen können vor allem nach der Winterruhe auftreten.
Ursachen
- Überbesetzte oder zu kleine Gehege
- Mangelnde Hygiene
Therapie
- Mittel der Wahl ist Panacur (Wirkstoff: Fenbendazol). Für Schildkröten ist außerdem Welpan geeignet. Achtung: manche Entwurmungspräparate können für Reptilien tödlich sein!
- Lokale Bodenerwärmung bis auf maximal 40°C. Hierzu eignen sich Heizmatten oder erwärmte Steine. Detaillierte Informationen unter: Bodenwärme und Fiebertherapie.
- Nahrungsergänzungsmittel wie Herbi Care Plus (Pflanzenfresser) oder Carnivore Care (Fleischfresser) können helfen, starke Nährstoffverluste auszugleichen.
Begleitende Maßnahmen
- Quarantäne erkrankter Tiere und optimale Hygiene
- Desinfektion des Terrariums und der Einrichtungsgegenstände
- Auch die anderen Terrarienbewohner sollten behandelt werden.
- Nach der Wurmkur: Regulation der Darmflora mit geeigneten Präparaten wie z.B. Bene-Bac
Vorsorge
- Entferne Kot regelmäßig aus dem Terrarium.
- Halte Deine Tiere in großen Gehegen mit geringer Besatzdichte.
- Sorge für artgerechte Ernährung. Eine gesunde Darmflora reduziert Parasitenbelastungen.
- Stärke das Immunsystems durch artgerechte Haltung.
- Führe regelmäßig Kotuntersuchungen durch.
- Neuerworbene Tiere gehören in Quarantäne.
Kommentar
Nahezu alle wildlebenden Tiere sind von Parasiten befallen. Unter natürlichen Bedingungen ist das kein Problem, denn Wirt und Parasit haben sich über viele Jahrmillionen aneinander angepasst. Zwischen ihnen hat sich ein natürliches Gleichgewicht eingestellt. Künstliche Haltungsbedingungen im Terrarium oder Freigehege verändern dieses Gleichgewicht jedoch zugunsten der Parasiten. Räumliche Begrenzung und enge Vergesellschaftung führen dazu, dass die Tiere in ständigen Kontakt mit Eiern, Sporen oder Zysten der Parasiten stehen. Der hohe Erregerdruck führt zu häufigen Remissionen, in schweren Fällen zum Massenbefall. Ein im Grunde harmloser Parasit wird so schnell zur gesundheitlichen Bedrohung.
Abhängig von Haltungsbedingungen und Stressbelastung kann der Parasitenbefall stark schwanken. Manchmal verstärkt er sich durch Reinfektionen kontinuierlich, kann jedoch auch plötzlich explosionsartig zunehmen, z.B. dann, wenn zusätzliche Belastungen wie Stress oder Krankheit hinzukommen.
Typische Symptome eines starken Parasitenbefalls sind:
- Verdauungsstörungen: weicher, breiiger oder flüssiger Kot
- Mangelerscheinungen oder Abmagerung trotz guter Ernährung
- Wachstumsstörungen bei Jungtieren
Regelmäßige Kotuntersuchungen sind eine der wichtigsten medizinischen Maßnahmen in der Terrarienhaltung. Da Parasiten und ihre Eier in der Regel über den Kot ausgeschieden werden, kann man pathogene Erreger auf diese Weise zuverlässig identifizieren und durch spezifische Medikamente gezielt bekämpfen.
Eine Kotprobe gibt Aufschluss über das Ausmaß der möglichen Parasitenbelastung:
- Fülle möglichst frischen Kot in einen sauberen Plastikbeutel.
- Klebe darauf ein Etikett mit Bezeichnung der Tierart und Datum der Entnahme.
- Im Idealfall sollte die Probe innerhalb von 4 Stunden einem Labor oder Tierarzt vorgelegt werden, sie kann aber auch bis zu 24 Stunden im Kühlschrank aufbewahrt werden. In letzterem Fall ist wegen potentieller Zoonose-Gefahr auf strengste Hygiene zu achten. Du solltest also gründlich die Hände waschen und die Kotprobe in eine zusätzliche Umverpackung stecken!
- Notfalls kann der Tierarzt auch vor Ort eine Darmspülung vornehmen, um Material für eine Kotprobe zu erhalten.
In der Regel genügt es, äußerlich gesunde Tiere einmal jährlich zu untersuchen, bei chronischem Befall oder erhöhtem Erregerdruck auch zweimal jährlich. Arten, die eine Winter- bzw. Sommerruhe halten, werden spätestens 2 Monate vor Beginn der Ruhezeit untersucht. Neukäufe und Wildfänge sollten auf jeden Fall direkt nach Erwerb untersucht werden, auch wenn die Tiere scheinbar gesund sind. Bis zur Diagnosestellung bzw. erfolgreichen Behandlung werden sie in Quarantäne gehalten, um keine Krankheiten in den alten Bestand einzuschleppen.
Die Therapie sollte auf jeden Fall durch einen reptilienkundigen Tierarzt erfolgen, da sich Präparat und Dosierung von den Verordnungen für Säugetiere unterscheiden können. Leider töten viele der eingesetzten Mittel nicht nur pathogene Einzeller, sondern auch nützliche Darmsymbionten und führen somit zu einer Schädigung der Darmflora. Begleitend zur medikamentösen Behandlung sollte deshalb immer eine Regulation der Darmflora erfolgen. Hierfür eignen sich natürliche Darmsymbionten wie Hefe- oder Milchsäurebakterien, die in Präparaten wie Bene-Bac Bird Reptile® oder Bierhefe enthalten sind.
Medikamentöse Behandlungen sind außerdem in den allermeisten Fällen mit einer Giftbelastung für den Körper verbunden. Durch eine gute Nierenausscheidung werden die Gifte normalerweise schnell ausgeschieden. Da parasitäre Erkrankungen aber oft mit Durchfällen, also Flüssigkeitsverlusten einhergehen, ist die Nierenfunktion häufig eingeschränkt. Aus diesem Grund ist unbedingt auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr zu achten. Gewöhnlich verabreichen Tierärzte zur Nierenunterstützung isotonische Flüssigkeiten, wie z.B. Ringerlösung. Zusätzlich sollten wir vor allem auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr achten und täglich frisches Wasser bereitstellen. Dieses wird oft besser akzeptiert, wenn man abgestandenes Leitungswasser verwendet, dem etwas Heu zugesetzt ist.
Damit es nicht zu Reinfektionen kommt, wird das Tier separiert und während des gesamten Behandlungszeitraumes in einem minimal eingerichteten Quarantänebecken auf Küchenpapier gehalten. Kot, Urin und Erbrochenes sollten jeweils zügig entfernt werden. Terrarium, Bodensubstrat und Einrichtungsgegenstände werden desinfiziert, Terrarienpflanzen nach Möglichkeit entsorgt.