Nierenerkrankung
Beschreibung
Nierenerkrankungen zählen zusammen mit Lebererkrankungen zu den mit Abstand häufigsten Organkrankheiten bei Reptilien. Besonders häufig sind Landschildkröten und Echsen betroffen, am seltensten Schlangen und Wasserschildkröten. Nierenerkrankungen haben in der Regel einen langsamen, schleichenden Verlauf ohne auffällige Symptome, deshalb bleiben sie meistens unerkannt. Häufigste Krankheitsursache ist eine proteinreiche Ernährung in Verbindung mit chronischem Wassermangel.
Symptome einer akuten Nieren- oder Harnwegserkrankung
- Trüber, schleimiger oder verfärbter Harn. Eventuell Pressbewegungen, erschwerte Harnentleerung, häufige Entleerung kleiner Harnmengen
- Bewegungsunlust, eventuell gestörte Nahrungsaufnahme
- Schildkröten und Echsen: eventuell Hinterhandschwäche oder Schonhaltung der hinteren Gliedmaßen
- Schlangen: eventuell Körperschwellung oder Schlaffheit des letzten Körperdrittels
- Viele Nierenerkrankungen verlaufen ohne auffällige Symptome.
Symptome einer chronischen Nierenerkrankung
- Trüber, schleimiger oder verfärbter Harn
- Abgeschlagenheit, Bewegungsunlust, eventuell gestörte Nahrungsaufnahme
- Abmagerung
- Mögliche weiteren Symptome: Gelblicher Gries oder gelbliche Klumpen im Harn, Lahmheit der hinteren Extremitäten, Pressbewegungen, Verstopfung, Prolaps, Harnstau, Kalkablagerungen in der Haut, Verformung von Panzer oder Knochen (Hyperparathyreoidismus), Legenot, Ödeme,
- Tiere halten sich auffallend lange im Wasser auf.
- Oft sind keine auffälligen Symptome erkennbar.
Symptome von Nierenversagen
- Bewegungsunlust, Lethargie
- Dehydratation, Abmagerung
- Blasse Schleimhäute
- Chronischer Durchfall, Auswürgen von Nahrung, eventuell mit Blutbeimengung
- Juckreiz, Krämpfe, Bewegungsstörungen.
- Eventuell erschwerte Atmung, Atemnot (Lungenödem, Pneumonie)
Ursachen
Häufig:
- Die mit Abstand häufigste Ursache ist eine Kombination von proteinreicher Ernährung und chronischem Wassermangel. Die hierdurch verursachte Hyperurikämie (Gicht) führt langfristig zu einer schweren Schädigung der Nieren.
- Besonders schädlich ist die Verfütterung proteinreicher Nahrung an pflanzenfressende Reptilien, z.B. tierische Nahrungsmittel, proteinreiches Fertigfutter, Getreideprodukte, Hundefutter, Käse
- Zu trockene Haltungsbedingungen, inadäquate Trinkwasserzufuhr, geringe Luftfeuchtigkeit, das Fehlen von Badeschalen oder Wet-Boxes
Gelegentlich:
- Medikamente (z.B. Antibiotika) können die Nieren schädigen. Viele Nierenerkrankungen werden aufgrund falscher Medikation verursacht, durch Tierärzte, die mit der Behandlung von Reptilien nicht vertraut sind. Sorge dafür, dass deine Tiere nur von reptilienkundigen Tierärzten behandelt werden.
- Infektionen oder parasitärer Befall der Nieren, z.B. durch Kokzidien, Hexamiten, Trematoden
- Fehlende oder zu schwache Wärmelampen bewirken eine chronische Unterkühlung der Nieren. Harnwegsinfekte können sich dadurch leicht ausbreiten und zur Niere aufsteigen.
- Kälte oder Durchnässung
- Überdosierte Mineralstoffpräparate (insbesondere in Verbindung mit Wassermangel)
- Häufiger Verzehr Oxalsäure-haltiger Nahrung: Rhabarber, Sauerampfer, Spinat, Mangold
- Mechanische Hindernisse oder raumfordernde Prozesse (Eier, Tumoren), die den Harnfluss behindern
Therapie einer akuten Nieren- oder Harnwegserkrankung
- Suche einen reptilienkundigen Tierarzt auf, um Klarheit über die Art des Erregers zu gewinnen. Hexamiten können mit Metronidazol (Flagyl), Kokzidien mit Toltrazuril (Baycox), Trematoden mit Praziquantel (Droncit) bekämpft werden.
- Lokale Bodenerwärmung bis auf maximal 40 °C. Hierzu eignen sich Heizmatten oder durch Wärmestrahler erwärmte Steine. Detaillierte Informationen unter: Bodenwärme
- Täglich 30- bis 45-minütige Bäder in handwarmem Wasser
- Zur Stimulierung der Harnausscheidung kann das Trink- und Badewasser mit Nieren- Blasentee angereichert werden.
- Erhöhung der Flüssigkeitszufuhr: täglich frisches Wasser, häufiges Sprühen, Badeschale, Wet-Box
Therapie einer chronischen Nierenerkrankung
- Optimierung der Flüssigkeitsversorgung, damit eine ausreichende Nierendurchspülung gewährleistet ist. Detaillierte Infos findest Du unter: Flüssigkeitsversorgung
- Regelmäßig Bäder in handwarmem Wasser. Zur Stimulierung der Nierenausscheidung kannst Du das Trink- und Badewasser mit Nieren-Blasentee anreichern.
- Optimiere die Nierendurchblutung durch artgerechte Wärmezufuhr am Aufwärmplatz. Siehe: Haltungsempfehlungen
- Nahrungsumstellung für Herbivoren: völliger Verzicht auf tierisches Eiweiß, Getreide und Hülsenfrüchte. Ausschließlich Salat und Kräuter füttern, z.B. Löwenzahn, Brunnenkresse, Wegerich-Arten, Römersalat, Rucola, Weißkohl, Wirsing und Endiviensalat.
- Nahrungsumstellung für Karnivoren und Insektivoren: weniger Innereien, maßvolle Portionen, verlängerte Fütterungsintervalle, Verzicht auf besonders fettreiche Nahrungsmittel
- Nahrungsumstellung für Omnivoren: Reduktion von tierischem Eiweiß, Erhöhung des pflanzlichen Nahrungsanteils, maßvolle Portionen, verlängerte Fütterungsintervalle
Vorsorge
- Sorge für ausreichende Flüssigkeitszufuhr: täglich frisches Trinkwasser, artgerechte Luft- und Bodenfeuchtigkeit, Verwendung von Badeschalen oder Wet-Boxes, gegebenenfalls regelmäßige Bäder in handwarmem Wasser
- Sorge für artgerechte Ernährung. Herbivoren sollten grundsätzlich nicht mit tierischen Proteinen gefüttert werden. Bei Omnivoren ist auf einen großzügig bemessenen vegetarischen Nahrungsanteil zu achten.
- Vitamin- und Mineralstoffpräparate sollten maßvoll eingesetzt werden. Überdosierungen sind zu vermeiden.
- Unterkühlung belastet die Nieren. Im Freigehege lassen sich Kälteeinbrüche wunderbar mit einem Wärmestrahler überbrücken.
Kommentar
Durch allgemein trockene Haltungsbedingung oder geringe Flüssigkeitszufuhr wird die Nierendurchspülung herabgesetzt. Keime werden somit nur ungenügend ausgeschwemmt, können sich in den Harnwegen anreichern und Infektionen verursachen. Außerdem wird die Ausscheidung von Harnsäure und Mineralien erschwert, so dass Kalzium-Stoffwechselstörungen, Nierensteinbildung und Gicht begünstigt werden.
Nierenschäden aufgrund falscher Ernährung sind bei pflanzenfressenden Reptilien in menschlicher Obhut außerordentlich verbreitet. Bei proteinreicher Ernährung sind ihre Nieren nicht in der Lage, die entstehenden Abbauprodukte in ausreichender Menge auszuscheiden. Wassermangel oder trockene Haltungsbedingungen verschärfen die Situation zusätzlich. Die häufigste Folge sind Gicht oder Harnsteine. Bei der Gicht lagert sich überschüssige Harnsäure im Körper in kristalliner Form ab, insbesondere in Nieren, Gelenken, Herzbeutel und Eingeweiden. Die betroffenen Organe werden dauerhaft geschädigt. Bei gestörter Nierenfunktion entsteht zusätzlich eine sekundäre Hyperparathyreose, die metabolische Knochenerkrankungen wie Rachitis oder Osteomalazie zur Folge hat.
Mechanische Hindernisse (z.B. nicht abgelegte Eier, Tumore) können den Harnabfluss behindern und einen Rückstau in die Niere bewirken. Dies kann Nierenschäden, Steinbildungen und Infektionen verursachen.