Verletzung von Haut und Bindegewebe
Beschreibung
Man unterscheidet zwischen offenen Wunden (z.B. Biss-, Kratz-, Schnitt-, Platz-, oder Schürfwunden), die mit einem sichtbarem Haut- bzw. Bindegewebsdefekt einhergehen, und geschlossenen Wunden (z.B. Quetschungen und Prellungen), die keine Hautverletzung aufweisen.
Symptome
- Rötung, Schwellung, Schmerzreaktionen
- Eventuell Verfärbung von Haut und Gewebe, Bewegungseinschränkung, Schonhaltung
Komplikationen
- Offene Wunden: Wundinfektion, Abszess, Sepsis, Bewegungseinschränkung, Nervenverletzung, Durchblutungsstörung, Lymphstau, Embolie. Feucht-warme Bedingungen (Regenwaldterrarien) erhöhen die Gefahr von Wundinfektionen.
- Großflächige offene Wunden: insbesondere Dehydratation, Schock
- Geschlossene Wunden: Bewegungseinschränkung, Nervenverletzung, Durchblutungsstörung, Lymphstau, Embolie
Ursachen
- Revierkonflikte, meistens aufgrund zu enger oder ungeeigneter Vergesellschaftung. Besonders betroffen sind Wasserschildkröten und Echsen (vor allem Biss- und Kratzwunden).
- Ausbruchsversuche aufgrund inadäquater Haltungsbedingungen (Prellung, Schnauzen-Verletzung)
- Aggressives Paarungsverhalten (Bisswunden, Kratzwunden)
- Ungenügend gesicherte Einrichtungsgegenstände (Quetschungen, Prellungen)
- Spitze oder scharfkantige Einrichtungsgegenstände (Stich-, Schnitt- oder Schürfwunden)
- Nicht als Hindernis erkannte Glasscheiben. Betroffen sind vor allem neuerworbene oder besonders aktive Tiere (Schnauzen-Verletzung).
- Unsachgemäße Handhabung, z.B. erhöhte Sturzgefahr durch Umhertragen von Reptilien (Prellungen).
Therapie von Prellungen und Quetschungen
- Starke Prellungen oder Quetschungen können irreparable Nervenschäden verursachen und sollten deshalb von einem reptilienkundigen Tierarzt begutachtet werden.
- Leichte Prellungen oder Quetschungen werden mit Arnika-Salbe behandelt.
- Schwellungen sprechen gut auf Lymphdiaral-Salbe an.
Therapie kleiner oder oberflächlicher Wunden
- Wundbehandlung: 1. Betroffenen Bereich gründlich waschen und reinigen. 2. Desinfizierung mit Octenisept®-Spray. 3. Wundschutz mit Octenisept®-Gel. Dieses legt einen feinen Schutzfilm über die betroffene Stelle und schützt sie dadurch vor Keimen. 4. Die Behandlung sollte bis zum vollständigen Wundverschluss regelmäßig wiederholt werden. Später kann zur Förderung der Wundheilung Panthenol- oder Zink/Lebertran-Salbe verwendet werden.
- Lokale Wärme fördert den Heilungsverlauf. Deshalb sollten die Temperaturen am Aufwärmplatz überprüft und gegebenenfalls optimiert werden. Siehe: Haltungsempfehlungen, Bodenwärme.
- Grundsätzlich gilt: Trockenheit und Wärme unterstützen die Wundheilung, Feuchtigkeit und Kälte wirken sich hingegen nachteilig aus.
- Falls die Wundränder stark anschwellen und zu nässen oder zu eitern beginnen, liegt eine Wundinfektion vor. Hier sollte ein reptilienkundiger Tierarzt hinzugezogen werden. Das gilt insbesondere dann, wenn sich der Allgemeinzustand verschlechtert.
Therapie ausgeprägter Wunden
- Schwere, große und tiefe Wunden erfordern zusätzlich eine antibiotische, gegebenenfalls auch chirurgische Behandlung durch einen reptilienkundigen Tierarzt. Dies gilt insbesondere bei beeinträchtigtem Allgemeinzustand – Sepsis-Gefahr!
- Erhöhung der Temperatur am Aufwärmplatz um 3–5 °C, am besten durch Montage einer zusätzlichen Wärmelampe. Die Bestrahlungsdauer sollte der Sonnenscheindauer im Habitat (während der Hauptaktivitätsmonate) entsprechen. Bei Erkrankung der Körper-Unterseite ist eine lokale Bodenerwärmung bis auf maximal 40 °C erforderlich. Detaillierte Informationen unter: Fiebertherapie und Bodenwärme
- Bei großen Hautdefekten muss die Flüssigkeits- und Elektrolytzufuhr unterstützt werden: physiologische Kochsalzlösung (0,9% NaCl) oder Elektrolytlösungen über das Trinkwasser (z.B. Elotrans). Optimierung der Flüssigkeitsversorgung. Der Zugang zum Wasser muss jederzeit gewährleistet sein. Bei Zeichen einer starken Dehydrierung wird die Elektrolytlösung per Einwegspritze (ohne Nadel) in kleinen Portionen oral verabreicht.
- Das verletzte Tier wird während des gesamten Behandlungszeitraumes in einem Quarantänebecken auf Küchenpapier untergebracht, das mit 0,06% Chlorhexidin-Lösung befeuchtet wird. Wasserschildkröten werden 23 Stunden am Tag im Quarantänebecken gehalten, zum Fressen dürfen sie eine Stunde ins Wasser (ausgenommen davon sind rein aquatile Arten).
Begleitende Maßnahmen
- Optimierung der UV-Strahlung zur allgemeinen physikalischen Keimreduktion und Stimulierung immunologischer Hautreaktionen
- Keimreduktion durch Optimierung der hygienischen Maßnahmen. Bei aquatilen Arten sollte die Wasserqualität durch Einbau eines Wasserfilters verbessert werden.
- Begleitend bei Antibiotikatherapie: Regulierung der Darmflora mit Hefepräparaten (z.B. Bierhefe) oder Milchsäurebakterien (z.B. Bene-Bac Bird)
Vorsorge
- Insbesondere bei revierbildenden Arten ist für ein angemessenes Gruppenverhältnis und für ausreichend große und gut strukturierte Terrarien zu sorgen. Ein Überbesatz sollte unbedingt vermieden werden. Notfalls müssen Rivalen getrennt oder besonders aggressive Tiere einzeln gehalten werden. Siehe: Paar-, Gruppenhaltung, Vergesellschaftung
- Auf ein angemessenes Geschlechterverhältnis achten: Männchen sind häufig untereinander unverträglich. Bei einigen Arten gilt das sogar für Weibchen.
- Glasscheiben werden häufig nicht als Hindernis erkannt und führen deshalb schnell zu Verletzungen. Insbesondere während der Eingewöhnungsphase neuerworbener Tiere kann es hilfreich sein, das Terrarium entweder abzudecken, oder von außen Papier oder Folie anzubringen.
- Durch eine kluge Terrarien-Einrichtung werden Sturz- und Verletzungsgefahren minimiert.
- Schwere Einrichtungsgegenstände müssen gut stabilisiert bzw. befestigt werden.
- Keine spitzen oder scharfen Einrichtungsgegenstände im Terrarium verwenden.
- Beim Öffnen der Schiebetüren darauf achten, dass insbesondere Schwänze oder Krallen nicht eingequetscht werden.
- Tiere nach Möglichkeit nicht hochheben oder außerhalb des Terrariums umhertragen