Zwangsfütterung
Risiken einer Zwangsfütterung
- Vor Beginn einer Zwangsfütterung solltest du zunächst die Ursache der Nahrungsverweigerung herausfinden und diese nach Möglichkeit beseitigen.
- Bis zum Vorliegen einer genauen Diagnose durch den Tierarzt ist eine Zwangsfütterung immer mit Risiken verbunden. Denn bei sehr schlechtem Allgemeinbefinden und einigen Erkrankungen, (z.B. Darmverschluss), kann sie tödlich enden.
- Auch bei Schildkröten, Echsen oder Schlangen, die an einer akuten Infektion leiden, sollte auf eine Zwangsfütterung verzichtet werden - denn sie belastet das erkrankte Tier und stört den Heilungsverlauf.
- Zwangsfütterung ist immer mit Stress und bei unsachgemäßer Durchführung mit diversen Risiken verbunden. Unerfahrene Halter sollten deshalb zuvor den Rat eines reptilienkundigen Tierarztes oder erfahrenen Züchters einholen.
Geeignete Nährsubstrate
Bei Jungtieren, sehr kleinen Reptilien, oder Tieren mit sichtbaren Zeichen einer Abmagerung sollte baldmöglichst mit einer Zwangsfütterung begonnen werden.
Nach längeren Hungerperioden ist die Darmflora oft schon stark dezimiert und muss zunächst durch geeignete Maßnahmen aufgebaut werden – keinesfalls darf sie durch zu energiereiche Nahrungsmittel überlastet werden!
- Nach längeren Hungerperioden wird am ersten Tag lediglich die Darmflora mobilisiert, z.B. mit Bierhefe oder Bene-Bac™. Diese Maßnahme wird solange beibehalten, bis das Tier wieder selbstständig frisst.
- Am zweiten Tag folgt leichtverdauliche Flüssignahrung wie z.B. Critical Care für Pflanzenfresser und Carnivore Care bzw. Bioserin für Fleischfresser. (Achtung: Bioserin darf nicht an Pflanzenfresser verfüttert werden!)
- Zur Verabreichung der Nährlösung eignen sich Einwegspritzen ohne Kanüle. Diese können bei Bedarf zusätzlich mit verschiedenen Aufsätzen versehen werden.
- Einige Tage später erfolgt der Übergang auf Säuglingsnahrung. Du beginnst mit leichten, proteinarmen Sorten und gehst allmählich zu proteinreichen Sorten über. Pflanzenfresser erhalten vegetarischen, Fleischfresser fleischhaltigen Babybrei.
- Alternativ eignet sich für Pflanzenfresser ein selbstzubereiteter Brei aus passierten frischen Gartenkräutern, Vitaminen und Mineralien. Fleischfresser erhalten eiweißreiche Pürierkost aus tierischen Produkten, angereichert mit Vitaminen und Mineralien.
- Schließlich kannst du dem Tier kleine Futterstücke ins Maul stopfen, um ihm einen Übergang zur selbstständigen Aufnahme fester Nahrung zu ermöglichen. Tiere, die nur eine kurze Hungerperiode durchgemacht haben, können sofort auf diese Weise zur Futteraufnahme animiert werden – ohne die beschriebene Mobilisierung der Darmflora
Praktische Durchführung
- Benutze bei Schlangen und wehrhaften Echsen geeignete Schutz- und Hilfsmittel, wie z.B. Handschuhe oder Greifhaken. Nach Möglichkeit sollte eine zweite Person assistieren.
- Versuche, dein Tier schnell und beherzt zu ergreifen und sicher zu fixieren. Ein halbherziger Zugriff führt leicht zu jagdähnlichen Szenarien, die mit erheblichen Stressbelastungen für das Tier verbunden sein können.
- Fixiere kleinere Echsen durch ausreichend festen Griff deiner Hand. Der Zeigefinger liegt dabei unterhalb des Halses, der Daumen oberhalb. Schlangen und wehrhafte Echsen werden in einen Baumwollsack gesteckt, sodass nur der Kopf herausschaut.
- Viele Reptilien öffnen bei Bedrohung ihr Maul, sodass die Spritze relativ leicht eingeführt werden kann. Notfalls zieht man sanft an der Haut des Unterkiefers oder klopft auf die Maulspitze. Führt dies nicht zum Erfolg, kann leichter Druck auf die Augen ausgeübt werden. Als letzte Option werden einige Tropfen Wasser oder Nährflüssigkeit seitlich in den Maulwinkel gespritzt. Beim reflexartigen Öffnen des Mauls wird mit der Fütterung begonnen.
- Zur Öffnung des Mauls kleiner Reptilien empfiehlt Tierärztin Petra Kölle die Verwendung einer zugelöteten Sicherheitsnadel. "Diese wird flach ins das Maul eingeführt und anschließend aufgestellt. Für mittelgroße und große Reptilien ist ein Holzspatel, für Tiere mit kräftigen Zähnen (z.B. Warane) ein Metallspatel geeignet.
- Achtung: Verabreiche die Nahrung in sehr kleinen Portionen!
Festes oder trockenes Futter wird zuvor angefeuchtet oder aufgeweicht, damit es leichter zu schlucken ist. Alternativ kannst du mit etwas Wasser nachspülen. - Nutze die Fütterung, um gleichzeitig Vitamine, Medikamente und Präparate zur Mobilisierung der Darmflora zuzuführen.
- Die Zwangsfütterung wird so lange fortgesetzt, bis das Tier wieder selbstständig Nahrung zu sich nimmt. Sie sollte so oft wie nötig, aber so selten wie möglich durchgeführt werden.
- Besonders schwierig ist die Zwangsernährung von Schildkröten. Hier ist der Einsatz einer Ernährungssonde oft unumgänglich. Vitamine und Medikamente in flüssiger Form können hingegen mit Hilfe eines Tricks relativ einfach verabreicht werden. Hierzu legt man die Schildkröte auf den Rücken und tröpfelt ihr eine Portion der Lösung unter die Maulöffnung. Diese wird dann, der Schwerkraft folgend, von selbst ins Maul hineinlaufen.